Deep Dive – Dance Chronicles Teil 2

Im ersten Teil unseres Deep Dives haben wir die Wurzeln von Dance Music in den USA erkundet. Doch die Geschichte endet dort nicht: Im zweiten Teil führt uns die Reise nach Europa, wo wir uns genauer ansehen wie Berlin zur neuen Heimat des Technos wurde und Großbritannien mit ekstatischen Raves die Clubkultur revolutionierte. Wir beleuchten, wie Trance und EDM die Dance Music in den Mainstream trugen, die digitale Plattformen wie Boiler Room hervorbrachte und Future Beats, afrikanische Rhythmen sowie Genre-Hybride neue Wege aufzeigen. Wie formte all das die heutige Musiklandschaft – und welche Rolle spielt der „Underground“ heute noch? Let’s dive in!
Berlin: Die neue Heimat von Techno
Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 öffnete sich Ost-Berlin und die Stadt befand sich im Umbruch. Der ehemalige Mauerstreifen bildete ein Niemandsland zwischen Ost und West, das nach neuen Ausdrucksformen suchte. Inmitten von verlassenen Fabriken, stillgelegten Kraftwerken, leerstehenden Plattenbauten und verfallenen Lagerhallen fanden Pioniere der elektronischen Musik den perfekten Nährboden – Überreste einer untergegangenen Planwirtschaft, die darauf warteten mit neuem Leben gefüllt zu werden. Detroit Techno, vertreten durch Künstler wie Juan Atkins, Jeff Mills und Kevin Saunderson, fand in Berlin eine neue Heimat. Clubs wie der Tresor, ein ehemaliger Bankkeller, gegründet vom deutschen Kulturmanager Dimitri Hegemann, wurden zu wichtigen Zentren der aufstrebenden Szene. Hier traf der rohe, futuristische Sound aus Detroit auf die wilde, experimentierfreudige Berliner Subkultur – eine Szene, die von Underground-Clubkultur, anarchistischer Haltung und kreativen Freiräumen geprägt war und in den verlassenen Industriegebäuden der Stadt lebendig wurde.
Berlin bot alles, was Detroit fehlte: Raum, Freiheit und ein Publikum, das bereit war, die Nacht durchzutanzen. Dimitri Hegemann erkannte das Potenzial dieser innovativen Musikrichtung und schuf mit dem Tresor eine Plattform, die Detroits Sound in Berlin ein Zuhause gab. Denn die anarchische Atmosphäre der frühen 1990er Jahre spiegelte sich in der Musik wider. Techno wurde zum Soundtrack einer Stadt, die ihre Identität neu definierte – frei, laut und ungefiltert. Von den roughen Klängen im Tresor und den epischen Nächten im Berghain bis hin zur energiegeladenen Love Parade, die Berlins Straßen in ein pulsierendes Techno-Festival verwandelte – die Stadt entwickelte eine Szene, die sowohl künstlerisch als auch kommerziell Maßstäbe setzte.
Doch trotz seiner Entwicklung bleibt Berliner Techno seinen Wurzeln treu. Labels wie Ostgut Ton, bekannt für seine Verbindung zum Berghain, und dem Tresor, dessen Geschichte eng mit den Detroiter Ursprüngen verknüpft ist, würdigen diese Tradition. Bis heute kehren Detroit-Techno-Legenden wie Juan Atkins oder Robert Hood immer wieder nach Berlin zurück und spielen im Tresor – als Zeichen der tiefen Verbindung zwischen beiden Städten. Veröffentlichungen wie die Clear-Vinyl Box Tresor 30 feiern diese globale Verbindung. Obwohl Berlin Techno kontinuierlich transformiert hat, bleibt der Geist von Individualität, Rebellion und kultureller Innovation sein unverkennbares Fundament.
Sound of Berlin: Ellen Allien im Tresor 2000
UK Rave: Ekstase auf den Feldern
Während Berlin sich in den Clubs und Kellern neu erfand, entwickelte sich in Großbritannien eine völlig andere, aber ebenso einflussreiche Bewegung. Seit Ende der 1980er Jahre katapultierte Acid House die elektronische Musik aus den Clubs direkt auf die offenen Felder und in die Natur. DJs wie Paul Oakenfold, Danny Rampling und Nicky Holloway, inspiriert von hedonistischen Open-Air-Partys auf Ibiza, brachten die hemmungslose Cluberfahrung in den britischen Underground. In London entstanden die ikonische Raves wie Shoom und Spectrum, die Acid House mit dem freiheitsliebenden Vibe von Ibiza verschmolzen. Der Einfluss von Clubs wie dem Haçienda in Manchester und dem Amnesia Club auf Ibiza war entscheidend, um die Clubkultur und die neue Musikrichtung zu popularisieren.
Das Haçienda mit seinem industriellen Charme und pulsierenden Acid-House-Sound wurde schnell zum Hotspot einer Szene, die nach neuen Freiräumen suchte. Strenge Clubgesetze und Polizeikontrollen in Großbritannien drängten die wachsende Acid-House-Bewegung zunehmend ins Freie – auf abgelegene Felder, verlassene Lagerhallen und Industrieflächen. Inspiriert von den legendären Partys im Amnesia auf Ibiza wurde die Freiheit unter freiem Himmel dadurch zum Herzstück der Rave-Kultur – ein rebellischer Gegenentwurf zur reglementierten Clubszene.
Diese Offenheit setzte sich in der britischen Rave-Kultur fort, die sich schnell von einer Subkultur zur Massenbewegung entwickelte. Mit Acid House und der prägnanten TB-303-Bassline traf der neue Sound auf eine britische Jugend, die nach Eskapismus und Gemeinschaft suchte. Die politische und soziale Lage unter der konservativen und autoritären Thatcher-Regierung, die durch Arbeitslosigkeit und soziale Spannungen geprägt war, verstärkte das Bedürfnis nach Flucht und Freiheit. So entstanden Raves als rebellische Antworten auf die starren gesellschaftlichen Normen: Hier zählten weder sozialer Status noch Herkunft, es gab keine Altersgrenzen oder Hierarchien. In der Ekstase des Tanzens verschwanden Klassenunterschiede und Alltagsnormen wie Dresscodes und gesellschaftliche Verhaltensregeln. Raves wurden zu einem Space, in dem individuelle Freiheit, Verbundenheit und Gleichheit im Mittelpunkt standen – ein klarer Widerstand gegen die gesellschaftlichen und politischen Zwänge der damaligen Zeit.
Tracks wie „Voodoo Ray“ von A Guy Called Gerald (1989) und „Pacific State“ von 808 State (1989) wurden zu Hymnen dieser neuen Ära. Die Bewegung war geprägt von einer offenen, inklusiven und hedonistischen Atmosphäre, die den unbeschwerten Drang nach Ekstase und gemeinschaftlichem Erleben widerspiegelte. Mit ihren hypnotischen Beats und Sunshine-Vibes drückten sie eine Kultur aus, in der Drogen oft als Mittel dienten, um dem Alltag zu entfliehen. Diese Atmosphäre prägte die britische Dance Music Szene nachhaltig.
1980s UK Rave, 1989, Acid House, Dancing
Trance und EDM: Vom ekstatischen Underground zum kommerziellen Mainstream
Nach dem Aufstieg der UK Rave-Kultur und der Berliner Techno-Szene, die durch ihre rohe Energie und rebellische Haltung geprägt waren, entstand in den 1990er Jahren mit Trance ein stärkeres Bedürfnis in der elektronischen Musik: das Streben nach musikalischer Ekstase. Trance unterscheidet sich von klassischer Tanzmusik – es ist eine Reise, die den Hörer*innen sowohl körperlich als auch geistig mitnimmt. Mit seiner melodischen Energy, treibenden Beats und hypnotischen Loops schuf Trance einen Sound, der gleichzeitig die Emotionen freisetzte und fast schon spirituelle Vibes erzeugte. Künstler*innen wie Sven Väth in Deutschland, mit seiner charismatischen Bühnenpräsenz und Tiësto in den Niederlanden, mit seinen melodischen Sets bedienten dieses Verlangen nach Musik, die tiefer ging als nur den Moment des Tanzens – sie verbanden die Zuhörer mit einer universellen, kollektiven Energie. Hits wie Väths „An Accident in Paradise“ (1992) und Tiëstos Remix von „Silence“ (1999) repräsentierten diesen Sound, der nicht nur die Clubs eroberte, sondern auch große Festivals weltweit begeisterte.
Mit der zunehmenden Digitalisierung und dem globalen Boom der elektronischen Tanzmusik in den 2000er Jahren fand Trance schließlich seinen festen Platz im Mainstream. Der Sound, der ursprünglich als nischige Ausdrucksform entstand, war nun überall zu hören, von den größten Festivals bis hin zu den Radiosendern. Diese Entwicklung führte zu einer schrittweisen Veränderung der Dance-Musiklandschaft: Musik, die einst als innovativ und experimentell galt, wurde zunehmend kommerzialisiert. In den 2010er Jahren nahm Electronic Dance Music (EDM), als populäre Spielart der elektronischen Musik, die Zügel in die Hand. Große Festivals wie Tomorrowland in Belgien und Ultra Music Festival in Miami feierten die massenkompatiblen, gut produzierten Tracks von EDM-Stars wie Avicii, Martin Garrix und David Guetta. EDM fokussiert sich auf große Drops, eingängige Melodien und eine Soundästhetik, die gezielt breite Hörerschichten ansprach. Der Fokus auf kommerziellen Erfolg und Profit überschattete zunehmend die experimentellen, innovativen Aspekte, die in der Anfangszeit der elektronischen Tanzmusik so prägend waren. Das Genre, das ursprünglich von kreativen Visionen getragen wurde, wurde mehr und mehr zur Industrie. Laut Forbes verdiente Tiësto im Jahr 2016 knapp 38 Millionen US-Dollar, was ihn zu einer der bestbezahlten Musikern weltweit machte. Festivals wie Tomorrowland und Ultra Music Festival verdeutlichen den finanziellen Boom der Szene: Tomorrowland expandierte von einem Event im Jahr 2012 auf zehn Veranstaltungen 2017, während Ultra von drei auf 21 Events wuchs, was die wachsende kommerzielle Dimension der EDM-Industrie deutlich macht (IMS Report 2017).
Underground-Revival
Nachdem Trance und EDM die elektronische Musik in den Mainstream spülten, brachte die digitale Revolution neue Wege, Musik zu erleben. Livestream-Formate wie Boiler Room revolutionierten die Clubkultur, indem sie kleine, intime Events einem weltweiten Publikum zugänglich machten. Was ursprünglich exklusiv für die Clubszene war, wurde plötzlich für alle sichtbar.
Boiler Room, gegründet 2010, setzte auf eine einfache, aber effektive Idee: ein DJ-Set in einer intimen Location, nur mit einer begrenzten Anzahl an Leuten und einem globalen Livestream. Diese Mischung aus Exklusivität und Zugänglichkeit machte Underground-Musik für ein weltweites Publikum erlebbar. Künstler*innen wie Kaytranada, Skepta und Nina Kraviz, die zuvor nur lokal bekannt waren, fanden so eine internationale Fangemeinde. Gleichzeitig wurden auch etablierte Day-One-Künstler*innen der Chicago/Detroit House- und Techno-Szene wie Honey Dijon, DJ Minx oder Frankie Knuckles einem breiten Publikum zugänglich. Boiler Room trug so dazu bei, die Ursprünge dieser Genres ins Rampenlicht zu stellen und die tief verwurzelte Geschichte der elektronischen Musik weiterzugeben.
DJ Minx Boiler Room Detroit DJ Set (2015)
Honey Dijon Boiler Room Berlin DJ Set (2017)
Durch das Streamen dieser Events wurde der Begriff „Underground“ neu definiert. Was normalerweise als exklusiver, analoger Raum galt, wurde durch die Plattform sichtbar und demokratisiert. Boiler Room vermittelte den Underground-Charakter der Musik, indem es das rohe, ungeschliffene Gefühl der Clubszene bewahrte und zugleich neue Generationen von Musikfans und DJs ansprach. Boiler Room und ähnliche Formate wie Dekmantel Podcast, Mixmag Live oder RA (Resident Advisor) Sessions haben so die Grenzen zwischen Underground und Mainstream verwischt und den Zugang zur elektronischen Musik auf eine völlig neue Ebene gehoben.
2010er bis heute: Future & Afro Beats und Genre-Hybriden – Die Zukunft von Dance Music?
Mit dem Aufstieg digitaler Musikplattformen wie SoundCloud und Mixcloud in den späten 2000er Jahren verwischten die Grenzen zwischen Genres und Herkunft zunehmend. Künstler*innen und DJs aus aller Welt konnten nun ihre Musik direkt mit einem globalen Publikum teilen und begannen, ihre eigenen Radioshows und Mixes zu starten. Diese Entwicklung ebnete in den frühen 2010er Jahren den Weg für neue, genreübergreifende Musikkulturen, die in einer global vernetzten Welt gedeihen konnten.
Ein herausragendes Beispiel hierfür ist Soulection, ein Kollektiv, das 2011 in Los Angeles von den DJs Joe Kay und Andre Power gegründet wurde. Schnell entwickelte sich Soulection durch seine frischen und experimentellen Radioshows zu einem eigenständigen Genre, das eine Mischung aus Future Beats, R&B, Hip-Hop und elektronischer Musik repräsentiert. Künstler wie der haitianisch-kanadische Produzent Kaytranada, bekannt für seine groovigen Beats, die R&B, Electronica, House und Funk vereinen (sein Boiler Room-Set gehört zu den meist gestreamten aller Zeiten), sowie das Produzentengenie Sango, der mit einer frischen Mischung aus Dance Music und brasilianischem Bailefunk zahlreiche Partys bereicherte, setzten neue Maßstäbe. Sie verschmolzen Genres wie UK Bass, Garage, Grime und Jungle und prägten so eine neue, genreübergreifende Musikkultur. Durch die digitale Vernetzung wurde der Austausch von Ideen und kreativen Visionen theoretisch für jeden zugänglich – ein Trend, der die Dance-Music-Szene nachhaltig verändern sollte.
Sound on: Soulection Radioshow 178 (2014)
Diese Entwicklung wurde durch Live-Streaming-Formate wie Boiler Room, Dekmantel Podcast oder Mixmag Live weiter befeuert. Hier bekamen DJs und Produzenten nicht nur die Möglichkeit, vor einem globalen Publikum zu spielen, sondern auch ihre Kreativität unabhängig und ohne großen Label-Support zu zeigen. Diese Plattformen wurden somit zu Gamechangern für die Weiterentwicklung von Dance Music und zu wichtigen Anlaufstellen für die Szene.
Afrobeats und Amapiano: Eine neue/ alte globale Welle
Gleichzeitig erlebte die Dance Music-Szene eine wegweisende Rückbesinnung auf ihre Wurzeln – mit der weltweiten Verbreitung von Afrobeats und Amapiano. Diese Genres, die ihren Ursprung in Süd- und Westafrika haben, haben nicht nur die Dance Music, sondern die gesamte globale Musiklandschaft nachhaltig geprägt. Sie brachten eine neue musikalische Ästhetik hervor, die von Superstars wie u.a. der US-amerikanischen R&B-Sängerin Beyoncé auf ihrem Album „The Lion King: The Gift“ (2019) sowie von der britischen Künstlerin Jorja Smith in „All of this“ (2021) aufgegriffen wurde.
Afrobeats ist ein weit gefasstes Genre, das verschiedene westafrikanische Musikstile wie Juju, Highlife und andere traditionelle Rhythmen mit modernen elektronischen Elementen kombiniert. In den 2010er hat es internationale Popularität erlangt. Vor allem Künstler*innen aus Ghana und Nigeria wie der Rapper Sarkodie mit „U Go Kill Me“ (2012) sowie die beiden Superstars Wizkid mit „Ojuelegba“ (2015) und „African Giant“ (2019) Burna Boy haben den Sound weltweit bekannt gemacht. Mit catchy Melodien, treibenden Rhythmen und einer Mischung aus Dancehall, Hip-Hop und Highlife repräsentiert Afrobeats nicht nur eine energiegeladene musikalische Richtung, sondern auch eine positives Lebensgefühl, das tief in den Traditionen Westafrikas verwurzelt ist.
Parallel dazu erlebte Amapiano, ein im Gegensatz zu Afrobeats subtilerer und minimalistischerer Stil der Ende der 2010er Jahre in Südafrika entstand, einen bemerkenswerten Aufstieg. Amapiano was soviel wie „die Pianos“ auf Zulu bedeutet, kombiniert House, Jazz und Kwaito, ein Genre, das in den 1990er Jahren aus einer Mischung von Boogie, Rap, House und afrikanischen Grooves hervorging und stark von der post-apartheidischen Kultur geprägt ist. Der Sound zeichnet sich durch markante Piano-Melodien und basslastige Beats aus, die zusammen einen organischen, tanzbaren Flow entstehen lassen. In den letzten Jahren hat Amapiano vor allem auf TikTok mächtig Welle gemacht. Südafrikanische Künstler*innen und DJs wie Kabza De Small („Never“, 2018), DJ „Tastemakerin“ DBN Gogo und das angesagte DJ-Duo TxC gehören längst zu den prägenden Gesichtern des Genres. Amapiano ist mehr als nur ein Hype – es ist ein kulturelles Phänomen, das vor allem durch Frauen auf sozialen Medien und Plattformen wie TikTok, YouTube und Instagram zu einem weltweit gefeierten Lifestyle wurde.
This is Amapiano: TxC für Boiler Room – Tanzgarantie!
Beide Musikrichtungen docken bewusst an die Wurzeln der Dance Music an. Sie holen die traditionellen Rhythmen, Melodien und Vibes zurück, die in den 70er und 80er Jahren die Basis für Disco und House bildeten, Genres, die wiederum von afroamerikanischen sowie afrikanischen Musikkulturen beeinflusst wurden. Afrobeats und Amapiano verbinden diese traditionellen Elemente mit der heutigen digitalen Ära und schaffen dabei einen frischen, modernen Sound, der nach Nostalgie klingt aber gleichzeitig neue, innovative Wege geht.
Es zeigt sich eindeutig, dass die 2010er Jahre von einer Art „Recycling-Effekt“ geprägt war. Statt völlig neuer musikalischer Richtungen dominierten in dieser Zeit vielfach spannende Neuinterpretationen, Remixe, Edits und Samples klassischer Sounds aus aller Welt. Dieser Trend bringt die Vergangenheit in die Gegenwart und lässt nostalgische Sounds mit modernem Finish neu aufblühen. Ein plastisches Beispiel für diese Entwicklung ist Book Club Radio. Die 2023 gegründete Plattform setzt auf die Stärkung von unbekannten Sound und bietet eine weitere alternative Perspektive auf das musikalische Erbe – ohne dabei den kreativen Fortschritt zu verlieren.
Sound Check: DJ Nico’s Genre-Blending Mix – Von Ghetto Tech über Future Beats bis 2010er Hip Hop Classics
Fazit
Die Rolle des DJs hat sich mit der Zeit deutlich verändert: Damals spielten DJs ihre neuesten Tracks auf kleinen Dancefloors, meist aus einer unscheinbaren Booth am Rand, oder teilten ihre Mixtapes mit einem kleinen, ausgewählten Publikum. Das ist heute komplett anders: DJs sind nicht mehr nur die Hintergrundfiguren der Party, sondern stehen im Zentrum des Geschehens. Sie prägen nicht nur durch ihre Trackauswahl, sondern ebenso durch ihre Performance die Stimmung und lenken die Energie des Publikums.
Trotz leichterem Zugang muss der „Underground“-Charakter von Dance Music immer wieder neu erfunden und erkämpft werden. Die digitale Welt hat die Grenze zwischen Mainstream und Underground verwischt. Aber die Szene, das Gefühl und die Stimmung bleiben in ständiger Bewegung, stets auf der Suche nach neuen Wegen, sich abseits der kommerziellen Strömungen zu behaupten. Durch die Digitalisierung und Plattformen wie SoundCloud, Boiler Room und Co. haben sie die Bedeutung des Undergrounds neu interpretiert und zugänglicher gemacht. Wie genau das heute aussieht wird in Dancefloor Politics weiter vertieft und gezeigt. Wie der Underground auch in der heutigen Zeit weiterhin eine veränderte, aber trotzdem zentrale Rolle spielt.
Doch was bedeutet das alles für die Zukunft? Vermutlich werden die Momente der großen musikalischen Innovationen seltener werden. Stattdessen zeichnen sich neue Bewegungen wie Afrofuturismus, Future Beats, kreative Edits und raffinierte Remixe als das künstlerische Fundament der kommenden Jahre ab. Wir behaupten, dass die Zukunft von Dance Music nicht im radikal Neuen entstehen wird. Stattdessen setzt die aktuelle Szene auf Strömungen wie Afrofuturismus, Future Beats oder kreative Edits – sie nehmen Bekanntes, bringen ihren eigenen Twist rein und entwickeln daraus etwas Frisches, das nach vorn schaut. Eins ist jedoch wahrscheinlich: die Zukunft von Dance Music wird im Underground geschrieben – vielleicht auch auf deinem nächsten Dancefloor.
Teaserbild: 1995-04-08 Vibe Tribe 09 (10937582).jpg
by Matthew Spong from Sydney, Australia, CC BY 2.0